Nachdem mein Mann auf einen Lehrstuhl einer Universität berufen worden war, wechselten wir unseren Wohnort. Ich war damals externe Doktorandin an einer anderen Uni und hatte sogar eine zwar nicht hoch dotierte, aber doch für mich interessante Stelle abgesagt, um ihn zu begleiten.
Als ich dann als (leider viel zu schüchterne) junge Wissenschaftlerin Kontakte zum Institut knüpfen wollte, in dem meine Fächer vertreten sind, betrieb der Dual Career Berater Arbeitsverweigerung, und niemand kam auf die Idee, mich wenigstens formal ans Institut anzugliedern, geschweige denn mit mir über Fördermöglichkeiten zu beraten; sogar Einladungen zu Veranstaltungen (Vorträge, Tagungen) erhielt ich nie und erfuhr durch meinen Mann davon. Jahrelang wurde ich nicht als Wissenschaftlerin, sondern eben als Professorengattin wahrgenommen – sogar verbatim: beim Besuch einer Doktorandenveranstaltung in meinem Forschungsgebiet, auf die mich kurioserweise eine Doktorandin einer anderen Uni hingewiesen hatte, waren die einzigen an mich gerichteten Worte des Fachvertreters hier, ob ich denn „in Vertretung Ihres Mannes“ da sei. Meine Arbeit wurde mir letztlich fast verleidet, obwohl sie mir an sich Spaß macht.
Nach der Dissertation bin ich zwar etwas ins Institut integriert, aber beispielsweise der Hinweis darauf, man könne doch unfinanziert einen Auslandsaufenthalt angehen (mit der Pointe, dass er zu einer Zeit, als er noch gute Aussichten auf eine Finanzierung hatte, mit autoritär-besserwisserischer Art verhindert wurde, und offenbar mit der Implikation, dass ihn natürlich mein Mann bezahlt), zeugt davon, dass ich hier auf ewig die Frau vom Kollegen x bin, die ja um Himmels willen komische Vorstellungen hat, wenn sie ihre Arbeit auch noch finanziert und möglichst sogar eine Stelle haben möchte.
Auch meine Person als Frau und Mutter wurde kommentiert: im Smalltalk lässt sich auf Nachfrage nach der Familie mitunter nicht vermeiden (obwohl ich es gerne vermieden hätte, und allein dieser Umstand besagt schon sehr viel) zu erwähnen, dass mein Mann und ich unser Kind mit 16 Monaten in der Kita betreuen lassen. Dies führte zu der Bemerkung mir gegenüber, man selbst habe aber immer auf die intellektuelle Förderung der eigenen Kinder geachtet (was natürlich besagen sollte: mein Mann und ich tun dies nicht, weil wir unser Kind ja so früh in die Kita geben). Eine Entschuldigung für diesen Kommentar erfolgte nicht – was mich auch nicht verwunderte, da vergleichbar herabwürdigende Äußerungen persönlicher wie fachlicher Art schon öfter getätigt worden waren und ich sie offenbar hinzunehmen hatte, da man das einem Lehrstuhlinhaber ja qua Amtsautorität zu verzeihen hat.
Als ich erwähnte, ich würde darüber nachdenken, einen ERC-Grant zu beantragen, kam von einem anderen Lehrstuhlinhaber die Bemerkung, dies sei doch nur etwas für Überflieger.
Leider bin ich immer noch nicht schlagfertig genug, mich sofort gegen solche letztlich sexistischen Bemerkungen verbal zur Wehr zu setzen.
Glücklicherweise konnte ich im Rahmen einer (wie immer natürlich zeitlich stark begrenzten) Projektstelle an einer anderen Uni auch einen respektvollen, „normalen“ Umgang erleben – das ging dort ganz automatisch, und erst dadurch konnte ich das Selbstbewusstsein entwickeln, um mir zu sagen: „Nein, das liegt nicht alles ausschließlich an mir hier! Es sind eben verkrustete, unflexible und für die heutige Zeit unangemessene hierarchische Strukturen, die an diesem Institut herrschen.“