Ich finde die Akkumulation der Erlebnisse und die Erfahrung, hilflos zuzusehen wie erwartete Diskriminierungen tatsächlich eintreten, so zermürbend, dass ich wie viele andere fast täglich darüber nachdenke, komplett aufzugeben. Als junge Wissenschaftlerin war es normal, als Sekretärin angesprochen zu werden, in Besprechungen immer für Kaffee und Protokoll verantwortlich zu sein, bei wichtigen Ausbildungsschritten erst nach den männlichen Kollegen dranzukommen und fast jede Diskriminierungs-/Sexismuserfahrung in irgendeiner Form selber erlebt zu haben. Als Professorin ist es normal, die Wissenschaftlichkeit der eigenen Forschung permanent verteidigen zu müssen und regelmäßig den Status aberkannt zu bekommen – häufiges Beispiel, von mir und Kolleginnen regelmäßig erlebt, ist die Situation, dass eine Gruppe Wissenschaftlerinnen auf der Reise zu einem Meeting abgeholt wird und das Taxi nicht losfährt, weil man noch auf Professor XY wartet – der ja ein Mann sein muß. Es hat sich niemand die Mühe gemacht, nachzufragen, ob Professor XY vielleicht eine der bereits wartenden Wissenschaftlerinnen ist. Aber die Erfahrung als Mutter setzt dem Ganzen die Krone auf: Während der Schwangerschaft herumgereicht zu werden wie ein Blumentopf bei allen möglichen Vorstellungen von Verbundanträgen usw. usf., aber dann die Verschiebung des Projektes, das 3 Tage nach Entbindungstermin beginnen soll, nicht genehmigt zu bekommen, die Mutterschutzvertretung nicht zu bekommen, unentgeltlich in der Elternzeit unter erschwerten Bedingungen (Personal wird anders eingesetzt, weil man selber ja nicht da ist) zu arbeiten – und dann passiert es tatsächlich: In der Evaluation des Projektes wird konstatiert, dass die Leistung unter den Erwartungen geblieben und die Gruppe nicht weiter förderwürdig ist. Ich glaube, viele Frauen sind sehr gut in der Lage, nicht jedes einzelne Erlebnis überzubewerten und über viele kleine negative Erfahrungen hinwegzusehen – es ist die Summe, die das Fass zum Überlaufen bringt.